Kieferorthopädie, Kiefergelenk-Schmerz und Psyche

Frage:

Guten Tag
Bei meiner Recherche habe ich Ihre Homepage entdeckt [Anmerkung Dr. Weber: www.zahnspangen.de ]. Meine Tochter, 25 Jahre, Studentin, hat seit geraumer Zeit große Schmerzen im Kieferbereich. Sie war schon mehrfach in physiotherapeutischer Behandlung. Nächste Woche geht sie erstmals zum Kieferorthopäden. Ich möchte auf den Fall vorbereitet sein, dass eine kostenintensive Behandlung auf meine Tochter zukommt. Eine Zahnzusatzversicherung kommt wohl nicht in Frage, da die Versicherungen, wie ich auf ihrer Website gelesen habe, sich oft sträuben. Welche Tipps könnten geben? Meine Tochter hat auch eine leichte Fehlstellung der Zähne. Das Hauptproblem sind aber die Schmerzen im Kieferbereich. Sie hat psychische Problem und ich glaube, dass das alles zusammenspielt (Verspannung, Verkrampfung und eine bestimmte Disposition).

Vielen Dank im Voraus.

Mit freundlichen Grüßen

Antwort:

Sehr geehrte Frau S.
Es hält sich hartnäckig das Gerücht, das „Kiefergelenkprobleme“ erst ab dem 40. bis 45. Lebensjahr auftreten sollen. Es mag sein, daß durch den Verlust der Funktionalität des Bindegewebes hier vermehrt Schmerz als Leitsymptom auftritt. Aber verschiedene Studien haben gezeigt, daß 20-40% von Kindern mit Fehlbissen schlechte Symptome im Kauapparat haben. Diese reichen von einfachen muskulären Verspannungen bis hin zu rheumatischen Erkrankungen. Da Kinder, die permanente Störungen haben, diese oft nicht als „Schmerz“ angeben, können Probleme schnell chronisch werden. Laut Weltgesundheitsorganisation ist eine länger anhaltende chronische Erkrankung mit Schmerz auch als psychische Erkrankung zu werten, da das Gehirn „den Schmerz gelernt“ hat. Daher ist eine frühe Überprüfung immer sinnvoll und deshalb raten weltweit die wissenschaftlichen Gesellschaften zu einer kieferorthopädischen Untersuchung mit spätestens 7 Jahren. In Ihrem Fall bleibt, wenn Ihre Befunde sich erhärten lassen, nur der Weg zurück in der Kette: erst den zentralen Schmerz ( gelernter Schmerz im Gehirn ) vielleicht mit Entspannungsübungen und/oder Psychotherapie reduzieren (fragen Sie Ihren Arzt!). Parallel können dann „echte“ Schmerzauslöser wie defekte Zähne oder Zahnfehlstellungen usw. mit angegangen werden. Dieser späte Behandlungsbeginn ist natürlich doppelt ärgerlich für Sie. Neben das Problem des Schmerzes tritt die Tatsache, daß Teile der Behandlung durch Versicherungen nicht mehr übernommen werden (gesetzliche UND private Krankenkassen zahlen nicht oder sehr wenig, vor Vertragsabschluß GENAU prüfen lassen). Zudem Vorsicht: da die Versicherer nicht zahlen wird oft behauptet wichtige Untersuchungen seien „nicht nötig“. Diese Aussage geht im schlimmsten Fall zu Ihren Lasten IHRER Gesundheit. Lassen Sie sich solche Aussagen daher zumindest immer schriftlich geben!

Viele Grüße und gute Besserung
Ihr
Dr. Joachim Weber

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