Darf ich mir eine zweite Meinung zur Kieferorthopädie einholen?

Frage von Frau S.B.

Sehr geehrter Herr Dr. Weber,

Mein Anliegen wäre dieses:

Ich habe im Jahr 2009 durch unglückliche Umstände mir das rechte Kiefergelenk einmal komplett ausgehängt und bin mit starken Schmerzen zu meinem damaligen Zahnarzt gegangen der mir als „Notfallmaßnahme“ eine Aufbiss-Schiene anpasste um die Kiefergelenke zu entlasten, medikamentös verabreichte er mir Ibuprofen 600mg. Nach Ausheilung der Luxation bekam ich die Anweisung die Schiene möglichst nachts zu tragen.
Seit dieser Zeit wurden meine Kiefergelenksbeschwerden immer schlimmer und seit ca. einem Jahr begleiten mich täglich Kopf/Nackenschmerzen, ein Knacken und Reiben im rechten Kiefergelenk beim normalen Essen. Äpfel abbeißen geht schon lange nicht mehr, bestimmte harte Sachen verursachen ein unüberhörbares starkes Knacken, beim Biss in eine Nektarine hakte der Kiefer schon 2-3x mal aus. Außerdem habe ich eine Mundatmung, beiße mich auch sehr oft in die Wange. Seit einigen Monaten begleitet mich auch gelegentlicher Tinnitus.

Aufgrund der Empfehlung meines ZA bin ich nun zu einem Kieferorthopäden gegangen und habe mir die erste Meinung eingeholt. Der KFO ist gleichzeitig KFC.

Er diagostnizierte bei der Erstberatung einen extremen Schmalkiefer des Oberkiefers (Unterschied von Ober- zu Unterkiefer mit 5-6mm) mit beideseitigem Kreuzbiss, dazu stehen die Zähne im Unterkiefer verschachelt und der Oberkiefer beißt auf die unteren beiden Eckzähne, ansonsten besteht kein Kontakt. Weitere Untersuchungen (Anfangsanalyse) mit Röntgenbildern, Abdrücken und einer Funktionsanalyse vor Behandlungsbeginn kommen im Januar.

Er rät zu einer chirurg. gestützen GNE mit einer (eventuell) anschließenden Le Fort I des Oberkiefers und einer festen Spange.

Aufgrund der Unsicherheit und zur weiteren Meinungsbildung habe ich eine weitere Meinung eingeholt bei einem anderen Kollegen.

Dieser hat einen Kreuzbiss diagnostiziert, sieht das Problem aber eher im Unterkiefer da die Zähne keinen Platz haben, der Oberkiefer wäre zwar schmal aber würde in seinen Augen kein Problem darstellen. Er rät mir zu einer Extraktion von 4 Zähnen und einer anschließenden festen Spange um die Lücken zu schließen.

Dann habe ich zur Sicherheit eine dritte Meinung eingeholt.

Dieser hat immerhin wieder einen Kreuzbiss diagnostiziert ( immerhin der scheint wirklich zu bestehen, die Behandlungsansätze hingegen unterscheiden sich leider Gottes komplett voneinander was demnach leider nicht zu einer vernünftigen Meinungsbildung meinerseits beitragen kann). Er rät aufgrund der ausgeprägten Kiefergelenksproblematik zu einem Bionator, danach eine Einstellung der Zähne, mit welchem System hat er mir nicht verraten, auf Nachfragen ob es denn eine feste Spange werden würde verneinte er dies. Nun dann.
Laut seiner Erklärung hat der Bionater keinerlei formende und stützende Funktion und trägt damit nur zu einer Entlastung des Kiefergelenkes bei. Dieser Kollege hat netterweise immerhin eine Panoramaaufnahme der Zähne angefertigt und dabei festgestellt das das rechte Kiefergelenk bereits Schäden hätte.

Leider beinhalten Vorschlag 2 und 3 nur eine Ausrichtung der Zahnbögen an sich und keine grundlegende Änderung des Problemes ( zu schmaler Kiefer etc) und ich tendiere eher in Richtung Vorschlag des KFO/KFC. Es kommt natürlich auch sehr darauf an ob meine Zahn/Kieferfehlstellungen innerhalb der KIG- Kriterien zu finden sind und selbst wenn nicht, können diese ja durchaus behandlungsbedürftig sein auch wenn die Krankenkasse es nicht so sieht.

Nun meine Frage (entschuldigen sie die lange Vorgeschichte):

Ist es denn sinnvoll sich vielleicht noch eine weitere Meinung einzuholen? Der Fall scheint ja etwas schwieriger zu sein. Ein weiteres Gutachten wird ja von einem anderen Kieferchirurgen zur Beilegung des Heilkostenplanes angefertigt welches ja dann an die Krankenkasse um Anfrage der Kostenübernahme geschickt wird. Oder soll ich einfach der Dinge harre und schauen was der erste Kollege sagt, er meinte er wolle sich ohne große weitere Untersuchungen kein endgültiges Urteil über den Zustand der Fehlstellung bilden da er nur mit entsprechender Diagnostik die Fehlstellung richtig diagnostizieren kann.

Nur leider trägt das alles sehr zur Verwirrung bei und ich hoffe sehr das die Schmerzen hinterher besser sind. Garantie kann mir keiner geben, darüber bin ich mir im Klaren, aber eine Stoppung der Abnutzungsvorgänge wäre schon Mal sehr viel Wert.

Mit freundlichen Grüßen

Antwort Dr. Weber:
Wenn es um meine Zähne, meinen Biss, meinen Körper ginge würde ich mir so lange Meinungen einholen, bis ich das Gefühl hätte alles verstanden zu haben, ein Arztteam meines Vertrauens gefunden hätte und mir Diagnose UND Therapie stimmig erklärt worden wären.
Da Ihre Bisssituation offensichtlich sehr komplex ist, möchte ich zumindest an dieser Stelle keine falschen Erwartungen wecken. Gerne bin ich jedoch bereit Ihnen weiter zu helfen. Wenn Sie eine erste Meinung von uns möchten können Sie mir 5 Photos von Ihren Zahnreihen mailen. Dazu bitte normal auf die Backenzähne beißen und die Zahnreihen von rechts, links und von vorne photographieren, dazu jeweils eine Aufsicht auf Ober- und Unterkiefer (ein Beispiel finden Sie hier).
Viel Erfolg und gerne bis bald
Ihr
Dr. Joachim Weber

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